Samstag, 29. August 2015

Kurzkritik: Dracula - Bram Stoker

Hören Sie die Kinder der Nacht? Was für Musik sie machen!1
An dieser Stelle muss ich einmal etwas gestehen: "Dracula" ist einer von zwei Romanen, die ich zwar angefangen, aber nie zu Ende gelesen habe. Der andere ist der vierte Band der "Per Anhalter durch die Galaxis" - Reihe. Zu meiner Verteidigung: Letzteres wurde mir vom Autor selbst auf der Seite angeboten.
Offensichtlich ist es mir nun gelungen, diesen Klassiker des Horrorgenre zu vollenden. Man versteht nach der Lektüre sofort, warum Stoker einen Klassiker geschaffen hat. Man kommt nicht umhin, seine Fantasie von diesem Roman beeinflussen zu lassen und möchte selbst in diesen Mythos eintauchen. In diesem Sinne trifft der Begriff voll  und ganz zu. Leider trifft das nicht durchgängig auf die Qualität des Briefromans zu. In meiner Wahrnehmung gibt es nur einen Teil, der über allen Zweifeln erhaben ist. Dabei handelt es sich um die ersten 70 Seiten, in denen Jonathan Harker, einer unserer Protagonisten, im Schloss Dracula nächtigt und en passant die grundlegendsten Eigenschaften des Nosferatu, also Vampirs, darlegt. Sowohl in meiner Erinnerung meines ersten Versuches als auch beim erneuten Lesen, blieb mir diese Stelle am besten im Gedächtnis. Der Aufbau der Atmosphäre ist makellos und erzeugt eine unvergleichliche Erfahrung. Wenn die Szenerie sich nach London verschiebt, flacht das ganze etwas ab. Es ist nicht wirklich schlecht, es fehlt aber das Gefühl der Dringlichkeit, schließlich beschäftigen wir uns gut 100 Seiten mit den drei Verehrern von Lucy Westenra, bevor die Ankunft des Grafen uns aufschreckt.
Den letztendlich schwersten Fehler beging Stoker aber mit einem Fehlgriff im Stil. Das Werk ist, wie gesagt, ein Briefroman und besteht vornehmlich aus Tagebucheinträgen. Allerdings fehlt jedem Autor ein individueller Stil, sodass Mina genauso schreibt wie ihr Mann Jonathan oder Dr. Seward. Das mag funktional sein, dadurch geht aber entscheidend Atmosphäre verloren, denn der Kunstgriff scheint nicht vollends durchdacht zu sein, wodurch sein Effekt nicht vollends ausgenutzt werden kann.
So sollte Dracula zusammen mit Frankenstein und Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde als Klassiker des Horrorgenre angesehen werden, obwohl gewisse Abstriche im Stil gemach werden müssen, die sich entscheidend auf die Atmosphäre auswirken.

1Bram Stoker, Dracula S.30

Mittwoch, 26. August 2015

Kurzkritik: Zur Lage des Glaubens - Joseph Ratzinger

Tatsache ist, dass wir heute alle glauben, wir wären so gut, dass wir nichts anderes als den Himmel verdienen würden! Hierfür trägt gewiss eine Kultur die Verantwortung, die mit mildernen Umständen und Alibis versucht, den Menschen den Sinn für ihre Schuld, irhe Sünde zu entziehen. Jemand hat bermerkt, dass die heute vorherrschenden Ideologien von einem gemeinsamen Grunddogma getragen seien: der hartnäckigen Leugnung der Sünde, das heißt gerad jener Wirklichkeit, mit der der Glaube an die Hölle, an das Fegefeuer verknüpft ist.1

Bei "Zur Lage des Glaubens" handelt es sich um einen Interviewband von Vittorio Messori, das er mit Joseph Ratzinger geführt hatte, dem damaligen Präfekten der Glaubenskongregation. Aufmerksam bin ich auf das Buch durch ein anderes "Interviewbuch" geworden, dieses erschien allerdings ein paar Jahre später unter dem Namen Crossing the Threshold of Hope und wurde mit dem damaligen Papst Johannes Paul II. geführt. Im Vorwort beschreibt der Journalist, wie er dazu gekommen ist, mit dem Papst ein Interview führen zu sollen - das Resultat waren mehr Fragen, die der Papst in seiner Freizeit beantwortete. Dabei gibt er als einer der Gründe seine Autorenschaft von "The Ratzinger Report" an, dem vorliegenden Band.
Vielleicht kennt der ein oder andere die anderen Ratzinger-Interviewbücher, welche in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Peter Seewald entstanden sind. Wer ähnlich erhellende Antworten auf konkrete Fragen auch hier erwartet, wird nicht enttäuscht. Allerdings muss man ein wenig vor dem Stil gewarnt werden. Peter Seewald hält seine Bücher streng in Dialogform, wie man ein Interview gewöhnt ist. Vittorio Messori hingegen schreibt in einer italienischen Art und obwohl Ratzinger selbst oft und lange zu Wort kommt, zeichnet sich diese Art dadurch aus, dass der Journalist das geführte Gespräch zusammenfasst, wodurch sich Prosa und direkte Rede ständig abwechseln. Dies kann von dem ein oder anderen - wie mir - eine gewisse Einarbeitszeit abverlangen.
Wichtig bleibt aber der Inhalt. Dieser scheint zwar etwas stärker als bei Seewald in der Zeit verwurzelt zu sein - hier die frühen 80er -, denn Themen wie die Theologie der Befreiung und das II. Vatikanische Konzil werden konkret besprochen. Aber es sind eben nicht nur diese Themen, auch Sachen zu allgemeinen Themen wie Fegefeuer und die Bedeutung von Maria stehen im Zentrum der Ausführungen Ratzingers. Wenn man aber mich fragt, so sind die speziellen Fragen der Zeit ein wertvoller Teil des Buches, zeigen sie doch eine interessante Perspektive auf Themen, die in der öffentlichen Wahrnehmung immer seltsam verklärt erscheinen. Grundsätzlich kann dieser "Report" also allemal gelesen werden.

P.S. Auch die drei Peter Seewald Bücher sind empfehlenswert. Salz der Erde ist eine kritischere Auseinandersetzung, in der der Präfekt den meisten modernen Vorwürfen  Rede und Antwort zu stehen hat. Gott und die Welt wird von mir immer der "kleine Katechismus" genannt, da es so weitläufig in seinen Themen und tiefgründig in seinen Antworten ist. Licht der Welt hingegen ist in einer Sache mit dem besprochenen Werk verwandt: Es bespricht ebenso konkrete Anliegen der Zeit, hierbei geht es um die Skandale in der Zeit von Ratzingers Papsttum. Wer jedoch nur dieses Anliegen in dem Buch finden sollte, müsste das ein oder andere Kapitel nochmals lesen.

1 Joseph Ratzinger, Zur Lage des Glaubens S. 152

Montag, 24. August 2015

Kurzkritik: Die Abschaffung des Menschen - C.S. Lewis

Werke wie diese müssten in der heutigen Zeit Standardliteratur für jeden sein. Eigentlich hatte ich mir "The Abolition of Man" nur zu Gemüte geführt, weil ich ein wenig Zeit hatte und kein anderes Werk in dieser Länge zur Hand war. Allerdings erwies es sich als Kunstgriff, denn, obwohl ich es bereits im verflossenen Jahre las, entfiel mir der zeitnahe Inhalt völlig. Nicht zuletzt durch die Anerkennung durch Mortimer J. Adler als "Großes Buch" und die Erwähnung durch Ratzinger in "Wendezeit in Europa" wurde mir dieser Status wirklich bewusst.
Dabei beginnt das ganze etwas befremdlich - als Rezension. Lewis nimmt sich das vor, was er "The Green Book" nennt. Exemplarisch zeigt er hier moderne Fehler auf, wobei er sich bis zum Ende in ein enthusiastisches Plädoyer für das Tao steigert - so lautet  des Autors Allgemeinbegriff für die gesammelten Moralvorstellungen der Welt. Sehr bewusst nennt er sie nicht christlich oder westlich, er macht hingegen viel mehr auf die Universalität dieser Ansichten aufmerksam.
So muss manch einer sich vielleicht durch den ersten Teil kämpfen, gelangt er dann aber zu "Men without Chests", wo zuvor sanft angedeutete Punkte zu ihrer letzten Konsequenz gebracht werden. Der moderne Mensch sei darauf fixiert, stets rational zu sein und sich nicht durch die Emotionen fehl leiten zu lassen. Für Lewis ist aber Realität, dass für einen jeden solchen Narren mindestens drei gibt, bei denen es unmöglich ist, irgendeine Regung hervorzurufen. Wir tauschen unser Menschsein ein und sind dabei nicht einmal schlüssig in unserer Argumentation, wie der geniale Lewis hier aufzeigt. Denn Kritik am Tao ist nur für jene möglich, die das Tao angenommen haben.
Nicht zuletzt die mannigfaltigen Referenzen zu etlichen Werken, die seine Ansicht stützen, müssen Adler dazu bewogen haben, dieses Werk in jene Reihe aufzunehmen.

Samstag, 22. August 2015

Kriton

Während ich bei der "Apologie" wirklich eine Menge schreiben konnte, obwohl das Werk im Vergleich zu anderen mit 40 Seiten noch relativ kurz ist, wird mir das bei Crito schwerer fallen. Einerseits ist der "Dialog", ich würde viel eher von einem Monolog reden, in dem Sokrates seine Meinung ohne große Widerworte darlegt, relativ kurz, andererseits beinhaltet er nicht die Masse an Ideen, wie es bei der "Apologie" der Fall ist, welche einen perfekten Start für die Großen Ideen und damit für die Großen Bücher darstellt.

In Crito erscheint der titelgebende Crito in Sokrates' Zelle und versucht ihn zu überreden, aus Athen zu fliehen. Dies lehnt der Grieche ab und legt es deutlich dar. Er fängt damit an, die Meinung der vielen als grundsätzlich ablehnbar darzustellen. Wenn wir gute Sachen wissen wollen, gehen wir zu den Leuten, die etwas von diesen guten Sachen verstehen. Daraus folgert er eine persönliche Maxime, wonach nicht das Leben, sonder das gute Leben geschätzt werden muss. Obwohl ich als Katholik dieser Maxim in gewisser Weise widersprechen muss, kann  ich ihr auch etwas abgewinnen. Wenn man es als persönlichen Anspruch sieht, wonach man nach mehr strebt, als das gewöhnliche Dahinsiechen, wie auch in der "Apologie" vom "betrachteten Leben" gesprochen wird, dann könnte ich mich durchaus damit anfreunden.

Dann wird es interessant. Sokrates stellt eine für ihn selbstverständliche These auf, gibt aber im selben Atemzug zu, dass sich nie eine Mehrheit finden lässt, die diese stützen würde. Aus Sokrates' Sicht darf niemals vorsätzlich etwas Böses zu tun. Alle Argumente, mit denen wir etwas Böses rechtfertigen, stoßen beim Griechen auf taube Ohren, denn sein grundlegendes Prinzip sagt: Die Gerechtigkeit kommt vor dem Leben.

Deswegen kann er auch nicht fliehen. Der Staat, welcher errichtet wurde, um die Gerechtigkeit zu erhalten - das wird in Zukunft auf alle Fälle noch eine faszinierende Idee darstellen -, hat ihm ein Versprechen abgenommen: Sokrates soll sich an seine Gesetze halten. Er wurde nach diesen Gesetzen verurteilt. Wenn er nun flieht, führt er dieses Gesetzeswesen ad absurdum. An dieser Stelle wird nochmals völlig klar gestellt, dass es sich bei Sokrates keinesfalls um einen Sophisten handelt. Seine Prinzipien sind standfest und führen ihn zu einem Schluss, dessen Konsequenz ihm zwar nicht gefallen mag, allerdings wird er sich ihm beugen.

Letzten Endes ergibt sich nun auch eine andere Ebene. Sokrates befindet sich im Grunde nicht in einer anderen Position als sonst ein Mensch. Sein Tod ist sicher. Tatsächlich gibt er bei seiner Gerichtsverhandlung zu bedenken, dass er in ein paar Jahren ohnehin sterben wird. Dies lässt ihn aber keineswegs verzweifeln. Mit Courage und Weisheit begegnet er diesem Phänomen und versucht ein universales Beispiel zu geben.

Mittwoch, 19. August 2015

Apologie des Sokrates

Direkt im ersten Monat beschäftigen wir uns mit der attischen Komödie. Zwei Dramen liegen heute bereit zur Rezension, Lysistrata und Die Wolken.


We women have the salvation of Greece in our hands.

Lysistrata ist eines von drei Dramen, die der Autor zum Thema Frieden im Peloponnesischen Krieg zwischen Athen und Sparta geschrieben hat. So wie in Die Acharner ein einzelner Mann die gesamte politische Landschaft über den Haufen wirft, sind es hier die Frauen von Athen und Sparta selbst, die ihre Männer zum Frieden zwingen. Wie gelingt ihnen das? Indem sie einen gigantischen Sexboykott durchsetzen. Ganz ehrlich, das hatte ich im ersten Monat dieses Projekts nicht erwartet.

Moderne Interpretationen legen großen Wert auf die feministischen Aspekte des Dramas. Dies scheint mir etwas ironisch, betrachtet man nämlich das Werk für sich - und im kulturellen Kontext - wird schnell klar, dass sich das nicht halten lassen kann. Sucht man eine Komödie, das die typisch weibliche Rolle darstellt, sollte man hier fündig werden. Die Männer können nicht vom Krieg ablassen und sind in einem scheinbar unendlichen Konflikt gefangen. Die Frauen hingegen "zähmen" sie, machen Zivilisation möglich.

Weiterhin sollte man immer Hinterkopf behalten, wenn man schon die feministische Schiene fährt, dass Frauen in diesem Drama als Nymphomaninnen dargestellt werden, was natürlich schnell über den griechischen Hintergrund erklärt wird. Amüsanterweise gibt es einen interessanten Widerspruch in der Handlung. Die Besetzung der Akropolis entsteht dadurch, dass die Frauen Athens zusammen darüber sinnieren, wie lang ihre Ehemänner schon von zu Hause weg sind. Hier wird von monatelanger Abwesenheit gesprochen; es gäbe nicht einmal genug Männer, um ihre Gatten zu betrügen. Wenn das aber der Fall ist, wer wird dann mit dem Boykott erpresst? Wird damit nicht auch die Behauptung ad absurdum geführt, Frauen könnten ohne Sex nicht leben? Offensichtlich soll man das im Namen der Unterhaltung einfach hinnehmen, trotzdem empfand ich das als amüsant.


Die Wolken hingegen geht in eine völlig andere Richtung und stellt sich als klassische Satire dar. Strepsiades hat einen Haufen Schulden, die er nicht bezahlen will, also geht er zu Sokrates, damit dieser ihm beibringt, wie man auf eine Weise argumentiert, die es mir erlaubt, jeden beliebigen Sachverhalt zur Realität zu erheben. Wer Sokrates als Vater der gesamten westlichen Philosophie kennt, wird sich ein wenig fragen, was Aristophanes hier eigentlich macht. Problematisch wird die Sache durch den Umstand, dass uns direkte Quellen von Sokrates fehlen.

Der große Philosoph hat selbst nichts niedergeschrieben, alles wurde von Platon, einem seiner Schüler, notiert und an die Nachwelt weitergegeben. In diesem Transfer ist es unklar, was wirklich die Meinung des Sokrates, der in Platons Dialogen die Hauptrolle einnimmt, und was des Platons ist. Das werden wir aber sicher noch im Verlaufe dieses Projekts besprechen können. Die Frage, die wir für Die Wolken aber stellen müssen, ist, ob Sokrates direkt persifliert wird oder ob es allgemeiner um die Sophisten geht, die der Grieche symbolisieren soll.

Fraglos wird hier die sophistische Philosophie aufs Korn genommen. Beinahe wie Engelchen und Teufelchen tauchen hier das Richtige und das Falsche Argument auf. Letzteres rechtfertigt jede Form von Fehlbetragen ohne Verantwortung. Durch die Gegenüberstellung mit der richtigen - also dem traditionellen - Argument soll klar gemacht werden, dass die Sophisten die zivile Ordnung zerstören wollen. Schon damals musste man also mit einer rebellierenden Jugend zu Recht kommen.

Trotz allem bleibt die Frage, ob es gerechtfertigt ist, Sokrates satirisch auf diese Weise zu verarbeiten. Wenn die platonischen Dialoge auch nur den geringsten Anhaltspunkt bieten, müsste man das verneinen. Die Wahrnehmung des Sokrates könnte ihn als Sophisten dastehen lassen, wer sich aber auf ihn einlässt, kann das nur verneinen. Aber vielleicht ging es gar nicht darum, ihn korrekt darzustellen. Eventuell gefiel es Aristophanes nicht, dass so viele unkritisch dem Sokrates folgten, wodurch ihm die Idee kam, diesen etwas zu kritisieren. Das ist eine Stärke der westlichen Tradition: Kritik.

Montag, 17. August 2015

Lysistrata, Die Wolken

Direkt im ersten Monat beschäftigen wir uns mit der attischen Komödie. Zwei Dramen liegen heute bereit zur Rezension, Lysistrata und Die Wolken.


We women have the salvation of Greece in our hands.

Lysistrata ist eines von drei Dramen, die der Autor zum Thema Frieden im Peloponnesischen Krieg zwischen Athen und Sparta geschrieben hat. So wie in Die Acharner ein einzelner Mann die gesamte politische Landschaft über den Haufen wirft, sind es hier die Frauen von Athen und Sparta selbst, die ihre Männer zum Frieden zwingen. Wie gelingt ihnen das? Indem sie einen gigantischen Sexboykott durchsetzen. Ganz ehrlich, das hatte ich im ersten Monat dieses Projekts nicht erwartet.

Moderne Interpretationen legen großen Wert auf die feministischen Aspekte des Dramas. Dies scheint mir etwas ironisch, betrachtet man nämlich das Werk für sich - und im kulturellen Kontext - wird schnell klar, dass sich das nicht halten lassen kann. Sucht man eine Komödie, das die typisch weibliche Rolle darstellt, sollte man hier fündig werden. Die Männer können nicht vom Krieg ablassen und sind in einem scheinbar unendlichen Konflikt gefangen. Die Frauen hingegen "zähmen" sie, machen Zivilisation möglich.

Weiterhin sollte man immer Hinterkopf behalten, wenn man schon die feministische Schiene fährt, dass Frauen in diesem Drama als Nymphomaninnen dargestellt werden, was natürlich schnell über den griechischen Hintergrund erklärt wird. Amüsanterweise gibt es einen interessanten Widerspruch in der Handlung. Die Besetzung der Akropolis entsteht dadurch, dass die Frauen Athens zusammen darüber sinnieren, wie lang ihre Ehemänner schon von zu Hause weg sind. Hier wird von monatelanger Abwesenheit gesprochen; es gäbe nicht einmal genug Männer, um ihre Gatten zu betrügen. Wenn das aber der Fall ist, wer wird dann mit dem Boykott erpresst? Wird damit nicht auch die Behauptung ad absurdum geführt, Frauen könnten ohne Sex nicht leben? Offensichtlich soll man das im Namen der Unterhaltung einfach hinnehmen, trotzdem empfand ich das als amüsant.


Die Wolken hingegen geht in eine völlig andere Richtung und stellt sich als klassische Satire dar. Strepsiades hat einen Haufen Schulden, die er nicht bezahlen will, also geht er zu Sokrates, damit dieser ihm beibringt, wie man auf eine Weise argumentiert, die es mir erlaubt, jeden beliebigen Sachverhalt zur Realität zu erheben. Wer Sokrates als Vater der gesamten westlichen Philosophie kennt, wird sich ein wenig fragen, was Aristophanes hier eigentlich macht. Problematisch wird die Sache durch den Umstand, dass uns direkte Quellen von Sokrates fehlen.

Der große Philosoph hat selbst nichts niedergeschrieben, alles wurde von Platon, einem seiner Schüler, notiert und an die Nachwelt weitergegeben. In diesem Transfer ist es unklar, was wirklich die Meinung des Sokrates, der in Platons Dialogen die Hauptrolle einnimmt, und was des Platons ist. Das werden wir aber sicher noch im Verlaufe dieses Projekts besprechen können. Die Frage, die wir für Die Wolken aber stellen müssen, ist, ob Sokrates direkt persifliert wird oder ob es allgemeiner um die Sophisten geht, die der Grieche symbolisieren soll.

Fraglos wird hier die sophistische Philosophie aufs Korn genommen. Beinahe wie Engelchen und Teufelchen tauchen hier das Richtige und das Falsche Argument auf. Letzteres rechtfertigt jede Form von Fehlbetragen ohne Verantwortung. Durch die Gegenüberstellung mit der richtigen - also dem traditionellen - Argument soll klar gemacht werden, dass die Sophisten die zivile Ordnung zerstören wollen. Schon damals musste man also mit einer rebellierenden Jugend zu Recht kommen.

Trotz allem bleibt die Frage, ob es gerechtfertigt ist, Sokrates satirisch auf diese Weise zu verarbeiten. Wenn die platonischen Dialoge auch nur den geringsten Anhaltspunkt bieten, müsste man das verneinen. Die Wahrnehmung des Sokrates könnte ihn als Sophisten dastehen lassen, wer sich aber auf ihn einlässt, kann das nur verneinen. Aber vielleicht ging es gar nicht darum, ihn korrekt darzustellen. Eventuell gefiel es Aristophanes nicht, dass so viele unkritisch dem Sokrates folgten, wodurch ihm die Idee kam, diesen etwas zu kritisieren. Das ist eine Stärke der westlichen Tradition: Kritik.

Sonntag, 16. August 2015

Das große Leseprojekt

What is a man if his chief good and market of his time be but to sleep and feed? A beast, no more.
- Hamlet

Not to engage in the pursuit of ideas is to live like ants instead of like men.

- Mortimer J. Adler
Grundsätzlich bin ich im Erklären alles andere als gut, allerdings scheint es durchaus angebracht, einen kurzen Abriss zum Ziel dieses Projektes zu geben. Wer mehr möchte, den verweise ich auf diese Seite: The Great Ideas.
Es geht darum, die Großen Bücher zu lesen. Welche Bücher werden hiermit als "Groß" tituliert? Jene, denen es gelungen ist, einen weitreichenden Teil der Großen Ideen zu integrieren. Was sind denn nun wieder diese Großen Ideen?
In diesem Kontext sind mit dem Wort "Idee" jene abstrakten Objekte gemeint, die zwar nicht mit den Sinnen wahrnehmbar sind, aber dennoch von unseren Seelen diskutiert werden können. Es mag sein, dass wir subjektiv unterschiedliche Meinungen über sie haben, dennoch muss es einen gewissen gemeinsamen Grund geben, da ansonsten eine Diskussion völlig ins Leere führen würde. Die "Großen Ideen" sind nun solche, die aus den wichtigsten Werken der letzten 25 Jahrhunderte distilliert wurden. Verschiedene Autoren besprechen verschieden viele von diesen Ideen. Insgesamt gibt es 102 (neuerdings auch 103) dieser Ideen, wobei die Zahl selbst ein wenig mit Willkür gewählt ist. Selbst Größen wie Shakespeare oder Dante reden bei weitem nicht über sämtliche Ideen.
Sinn und Zweck des Ganzen ist es nun ein Gespür für den Kanon der westlichen Welt zu gewinnen und das zu tun, wofür wir unter anderem geschaffen worden sind:  Diese Ideen zu diskutieren.
Dafür hat Mortimer J. Adler, Kopf des ganzen Unterfangens, einen Zehnjahresplan entwickelt. Für mich bedeutet das: Lesen und daraufhin bloggen. Ich hänge zwar etwas zurück, bin aber zuversichtlich, dass dieses Manko schnell aufgeholt werden kann.
So freue ich mich auf ein Jahrzehnt voller guter - nein, hervorragender - Bücher.

Der dumme Fuchs

Willkommen!

Schwachkopf! Schwabbelspeck! Krimskrams! Quiek!

Vielleicht ist es angebracht, ein wenig mehr zu schreiben.

Ich bin der "Dumme Fuchs" und dies ist mein Blog. Ich bin katholisch und erst vor kurzem 21 geworden. Dieser Blog ist meine Spielwiese und dient in erster Linie dazu, Literatur zu besprechen, wobei mein Fokus vor allem auf den Großen Büchern liegt, aber dazu erzähle ich später mehr.

Der "Fuchs" in meinem Blognamen leitet sich von meinem Familiennamen ab, während das Adjektiv "dumm" zuerst einmal abwertend klingt, eigentlich den Gipfel der Anmaßung darstellt, handelt es sich dabei doch um eine Anspielung auf den größten Theologen und Philosophen des Mittelalters, Thomas von Aquin, dessen Spitzname "Der dumme Ochse" lautete. Zudem passt es irgendwie zu mir.

Ich hoffe, dass ich ein wenig Erleuchtung bringe oder zumindest meine Leser unterhalte.


Der dumme Fuchs