Dienstag, 20. Oktober 2015

Der Dunkle Turm 1: Schwarz - Stephen King

Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste und der Revolvermann folgte ihm.

"Der Dunkle Turm" ist eine Romansaga von Stephen King, die mittlerweile acht Bände umfasst. Als grundsätzliche Inspiration nennt King Robert Brownings erzählendes Gedicht "Childe Roland to the Dark Tower Came", wobei etliche Einflüsse aus den Bereichen Western, Fantasy, Horror und Science-Fiction zu erwähnen wären. Der Autor beschreibt es einmal als den Versuch, das beispielsweise durch Clint Eastwood popularisierte Westerngenre mit einer romantischen Fantasywelt zu vereinen.

Bereits vor mittlerweile drei Jahren, einem kleinen Höhepunkt meiner King-Euphorie, welche mittlerweile abgekühlt ist, wagte ich mich an die Sage um den Dunklen Turm. Allerdings kam ich praktisch nie über den zweiten Band hinaus: Meine städtische Bibliothek führte nicht den dritten Teil der Reihe im Sortiment. So ruhte dieses Vorhaben, bis ich vor einiger Zeit die gesamte Sage billig auf ebay fand. Damit soll es mir nun möglich sein, Stück für Stück diese Reihe zu erfahren, ab dem dritten Band wird es für mich ohnehin eine neue Erfahrung sein. Nach dieser kleinen Einleitung beginnen wir mit Schwarz, im Original The Gunslinger.

Roland. Roland Deschain. Das ist der Name unseres "Helden". Ohne großes Federlesen werden wir mit dem oben angeführten Zitat in die Handlung hineingeworfen. Eigentlich muss man auch nicht viel mehr wissen. Freilich, ein wenig mehr steckt schon dahinter, aber damit ist schon das größte Manko des Werkes umrissen: Seine Gestaltslosigkeit. Wir wissen von Anfang an, dass Roland auf der Suche nach dem Dunklen Turm ist. Jedoch werden wir nicht aufgeklärt, was denn dieser Turm eigentlich sei. Unseren ersten Einblick erhalten wir am Ende von Schwarz, wirklich konkrete Anhaltspunkte gibt es erst im Verlauf der Handlung in "tot.". Man mag argumentieren, damit sei das Mysterium um dieses Zentrum gewahrt, was selbstredend stimmt, aber eine gute Handlung zeichnet sich dadurch aus, dass eben solche Dinge etwas konkret sind.

Dabei wäre es sogar gar nicht mal so dramatisch, wenn der Turm weiterhin im Dunkeln bleibt, gälte das nicht auch für die Motive unseres Protagonisten. Warum will Roland den Turm überhaupt finden? Die Beantwortung dieser Frage steht noch in den Sternen, würde aber der Motivation des Lesers bestimmt helfen.

Ähnlich sehe ich auch Rolands Vergangenheit. Immer wieder gibt es kurze Rückblicke, wobei nie ein vollständiges Bild entsteht, lediglich Fragmente blitzen auf, welche zwar besser als irgendein anderer Teil der Handlung zur Charakterisierung Rolands dienen, letztendlich aber unzufriedenstellend bleiben. Dabei könnten diese Einblicke in die Vergangenheit ungemein helfen, ein anderes Manko zu revidieren: die aufgebaute Welt. Hier trifft der Vorwurf der Gestaltlosigkeit am härtesten. Man kann sich schlicht keine wirkliche Vorstellung dieser Welt, "die sich weitergedreht hat", machen. Ist es eine Parallelwelt? Lediglich die Zukunft der unsrigen? Selbst zwei Bände weiter steht man etwas fraglos vor diesen Fragen. So wirken Elemente wie das offensichtlich vertretene Christentum völlig befremdlich, scheinen sie doch gar nicht in diese Welt passen zu wollen.

Vor drei fasste ich diese Gedanken ungefähr so zusammen: Stephen King versucht mit aller Macht eine epische Geschichte zu erzählen - es gelingt ihm einfach nicht. Sein Protagonist Roland bleibt zu blass, zu sehr am Vorbild Clint Eastwood kleben. Seine Welt will keine Gestalt annehmen,  genauso wenig wie seine Handlung.

Ein wenig Auflockerung bringt Jake. Faszinierend finde ich das nur deswegen, weil alles Gute dieses Charakters erst in zukünftigen Bänden realisiert wird. Hier wächst er dem Leser weder als Charakter ans Herz noch scheint sein Erscheinen von großer Bedeutung zu sein, schließlich redet Roland auch von Magie in seiner Welt. Beide Aspekte werden zwar später revidiert, dabei ist aber ironischerweise immer ein Bezug auf diesen Roman vorhanden, sodass sich die Figuren auf eine emotionale Bindung an dieser Stelle beziehen, obwohl dem Leser nichts davon aufgefallen ist. Dies wird nicht die einzige Reihe sein, in dem Folgeromane auf eine Begebenheit Bezug nehmen und diese konsequent weiterdenken, diese jedoch selbst für die Leser alles andere als berauschend war.

Einziger wirklicher Lichtpunkt ist dabei das Ende - völlig untypisch für einen King. An dieser Stelle trifft Roland den Mann in Schwarz, den er konkret die letzten 200 Seiten verfolgt hat, da er einen Schritt auf dem Weg zum Dunklen Turm darstellt. Das darauf folgende Gespräch zwischen den beiden ist hypnotisierend geschrieben und gibt den endlich den ein oder anderen Blick auf die Mythologie des Dunklen Turms. Im Nachhinein betrachtet ist dieser Blick nebulös und vage, frustrierend ist auch das Argument, das Universum sei zu groß, damit sich Gott für uns interessiere. Trotz allem ist man nach dem enttäuschenden Roman ganz froh, dieses "Palaver" zu lesen. Lustigerweise schneidet sich King hier mit seiner Gestaltlosigkeit selbst ins Fleisch. Am Ende stellt sich nämlich heraus, Walter sei der Mann der Schwarz, worauf Roland schockiert reagiert. Wer ist Walter? Ein Mann aus Rolands Vergangenheit. Schockiert uns diese Enthüllung? Nicht wirklich, schließlich haben wir kaum einen Bezug zum fernen Roland, wie sollte uns dann schon Walter etwas angehen.

Alles in allem bleibt Schwarz hinter den Erwartungen zurück und ist letztendlich nur ein mediokrer Roman. Doch lässt sich fragen, ob er seine Rolle nicht allein dann erfüllte, wenn er mich zum Lesen des nächsten Bandes animierte. Zwar konnte ich schon damals wenig mit diesem Werk anfangen, hielt es für unvollständig, aber dennoch las ich weiter. Auch dieses wollte ich mehr erfahren, obwohl ich kein Qualitätswerk vor mir hatte. Vielleicht war das ja der ureigene Sinn von Schwarz. Sei es wies es sei, wir sind dem Dunklen Turm auf jeden Fall einen Schritt näher gekommen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen