Montag, 14. März 2016

Ethik2go

Lang ist's her, dass ich zum letzten Mal - abgesehen von den Zitaten am Sonntag - auf diesem Blog etwas veröffentlichte. Im Grunde blieb es anderthalb Monate still auf diesem Blog, was natürlich nicht sein darf. Verschiedenstes hat mich abgehalten, aber jetzt möchte ich doch wieder regelmäßig schreiben. So folgt jetzt auch keine Rezension, wovon nicht wenige noch ausstehen, sondern ein Kommentar, der mir schon etwas länger auf den Fingernägeln brennt.

Ungefähr Ende Januar stieß ich das erste Mal auf eine neue Serie von katholisch.de mit dem Namen Ethik2go. Natürlich tut es mir Leid, dass mein erster Post nach langer Funkstille ein kritischer sein muss, aber ich kann es auch nicht ändern.1 Die grundsätzliche Idee ist dabei gar nicht einmal schlecht. In den kurzen Videos - zwei bis vier Minuten - werden ethische Fragen behandelt. Doch stellte ich mir gleich zu Beginn einige Fragen. Erstens: Warum wird ein Philosophieprofessor hinzugezogen und kein, wie es sich bei einer katholischen Internetseite schließlich anbieten würde, Moraltheologe? Das ist nicht zwingend ein Argument gegen die Qualität der Serie, ich habe mich lediglich über diesen Fakt gewundert.

Viel bedeutender scheint mir die hauptsächliche Schwäche der Idee zu sein: Es werden in ihr konkrete Fragen behandelt. Dem ein oder anderen mag das schlüssig erscheinen, jedoch ergeben sich daraus verschiedene Probleme. Um eine gute Ethik präsentieren zu können, benötige ich entsprechend gute Grundlagen. Erst dann kann man zu nachvollziehbaren und auch nützlichen Schlussfolgerungen gelangen. Daran krankt beispielsweise ja auch der Utilitarismus, da er zwar für einige Dilemmata Handlungsfäden anbietet, letztendlich aber keine begründende Grundlage dafür bietet. Gerade bei einem Philosophieprofessor ist man auch erst einmal versucht zu fragen: Welchem Philosophen folgen Sie? Ob diese Personen nun eher Kant oder Aristoteles in ihrer Ethik zitieren wirkt sich merklich auf ihre Argumentation aus.

So ergeben sich schnell zwei Schwächen des "to go"-Prinzips: Anstatt dem Zuschauer Prinzipien an die Hand zu geben, mit denen er sich selbst zu mannigfaltigen Themen Einstellungen bilden kann, macht man ihn davon abhängig, die teilweise recht ambivalenten Aussagen des Professors für bare Münze zu nehmen. Weiterhin werden komplexe Themen, wie zum Beispiel das der Organspende, in absurd kurzer Zeit abgearbeitet werden, sodass man maximal ein kurzen Einblick in ein Thema bekommt, worin man sich weiter einlesen müsste - konkrete Hilfe ist das dann aber widerrum nicht.

Damit entstehen dann auch Phrasen, die aus meiner Sicht nicht genügend begründet werden, oder auch Sätze, deren Inhalt, wie im aktuellen Beitrag zu Organspende, man eher mit einem Kopfschütteln begegnet. Auch erinnere ich mich an ein Video aus dem Januar - es kann sein, dass die Videos nur eine entsprechend kurze Zeit gespeichert werden, zumindest fand ich das entsprechende Video nicht mehr -, in dem er unterschiedliche philosophische Traditionen danach unterschied, ob sie ihre Ethik auf Vernunft oder Emotion basieren. Dies bleibt als abstrakte Aussage stehen, sodass dem Zuschauer nicht einmal die Möglichkeit gegeben wird, sich weiter über diese Richtungen zu informieren. Vielmehr ist mir dabei aufgefallen - ich sage direkt im Voraus, dass ich ein Laie in diesem Gebiet und dem Irrtum damit auch schnell ergeben bin -, dass in meiner Erfahrung eigentlich keine philosophische Tradition existiert, die tatsächlich die Vernunft für die Emotion aufgegeben hätte. Ich kenne diese Dichotomie zwar - von den verschiedenen Strömungen der (deutschen) Literatur: die Aufklärung betonte die Vernunft, der Sturm und Drang die Emotionen, die Klassik wieder die Vernunft, die Romantiker wieder die Emotionen (stark vereinfacht, wohl gemerkt). Wo sich das jetzt genau in der Philosophie wiederspiegelt, wäre mir schleierhaft.


1Anstatt ständig Entschuldigungen anzubieten, sollte ich wohl einfach mal zum  Text kommen, oder?

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