Donnerstag, 9. Juni 2016

"Hier irrt Llambi!"

In den letzten Wochen hat sich bei mir eine schon morbide anmutende Faszination entwickelt. Regelmäßig habe ich nicht nur die Sendung Let's Dance im Fernsehen verfolgt - an dieser Stelle übrigens Glückwunsch an die Gewinnerin Victoria! -, die einzige im TV, bei der ich das überhaupt mache, obwohl ich ja die polnische Ausgabe bevorzuge.1 Nach jeder Sendung musste ich dann auch einfach den Kommentar von Michael Hull in seiner Kolumne "Hier irrt Llambi!" bei der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ).2 Nicht wirklich, weil ich jemals mit den Inhalten übereinstimmte, sondern einfach, weil ich wissen musste, was er denn so schreibt. Ob es besonders klug ist, kontinuierlich etwas zu lesen, von dem man weiß, dass man damit nicht übereinstimmen wird, kann jeder für sich selbst beantworten.

Dabei fängt es schon beim Titel an: "Hier irrt Llambi!" Dummerweise hat Let's Dance nun mal, für die, die es nicht wissen, drei Juroren. Neben Joachim Llambi sitzen da noch Jorge González und Motsi Mabuse. Also nur gegen einen davon vorzugehen, auch wenn dessen Position als herausstechend wahrgenommen wird, ergibt wenig Sinn. Die Beschwerde, ein Kandidat bekomme zu viele oder auch zu wenige Punkte, bezieht sich immer auf alle drei (mir fallen zumindest nur wenige Ausnahmen ein). Fairerweise muss ich dazu sagen, dass es möglich ist, dass der Name der Kolumne nicht von Herrn Hull gewählt worden ist.
Ganz allgemein kann diese Kolumne allein durch ihr Format frustrieren, da sie mehr als ganz kurzer Kommentar zu den einzelnen Tänzen anzusehen sind - wenn denn alle Tänze überhaupt angesprochen werden. So ergibt sich dann auch leider selten ein tieferer Einblick in die Charakteristik eines Tanzes, den ein Kandidat nun erfolgreich dargestellt hat oder nicht. Trotzdem ergaben sich einige interessante Bemerkungen.

So kommentiert er am 30.04.16 zum Beispiel die Bewertung für Ulli Potofski mit den Worten: "Llambis Quatsch wird immer 'quätscher'!". Allein sprachlich ist dieser Satz fürchterlich und sollte Schmerzensgeldansprüche berechtigen. Allerdings kann ich mir auch inhaltlich ein spöttisches Lächeln nicht unterdrücken. Was war der Kontext? Ulli Potofski "tanzte" in der siebten Sendung eine Samba, zeigte aber immer noch keine nennenswerten Verbesserungen, sodass selbst die gnädigen Juroren González und Mabuse gerade mal einen Punkt verliehen, obwohl sie ihm sonst zwei bis drei gaben. Nun hatte sich Ulli mit Herrn Llambi aber auf eines verständigt: Der MSV Duisburg3 habe sein letztes Spiel gewonnen, dafür solle er dann zwei Punkte verdienen, bei einem verhinderten Abstieg drei. Dem stimmte der harte Juror zu. So kam es zu der absurden Situation, in der Ulli den Tiefrekord von vier Punkte und die meisten dazu vom strengen Herrn Llambi erhielt. Also handelt es sich dabei gar nicht um ein falsches Verhältnis von Bewertung und Leistung, sondern um ein Einverständnis, das zu einem der besten Momente der gesamten Staffel geführt hat, in dem selbst Herr Llambi einmal den tosenden Applaus entgegennehmen konnte. So kann man es zumindest sehen. Humorlose Menschen kommentieren das mit einem grausigen "Wortspiel".

Das nächste fällt in die Kategorie des berühmten Glashauses, in dem man nicht mit Steinen werfen sollte. Die Einführung zur Kolumne (welche wiederum nicht von Hull geschrieben worden sein muss) liest sich in etwa so: "Bei „Let‘s Dance 2016“ punktet Juror Llambi mit Pointen. Aber liegt er wirklich immer richtig?" Aus meiner Sicht sollte man es bei solch einer Einleitung vermeiden, selbst versuchen mit Pointen zu punkten. Genau das versucht er aber am 07.05.16 (zumindest hoffe ich inständig auf eine Pointe, denn ernst gemeint hat er das hoffentlich nicht). Hier wirft er Julius Brink vor, zu hoch bewertet worden zu sein, denn eigentlich sei seine Leistung noch unter der Ulli Potofski anzusiedeln. Als Kontext sei gesagt, dass Ulli für seinen Rock'n'Roll genau drei Punkte bekam und Julius als Premiere einen Lindy Hop tanzte, bei dem selbst seine Profitanzpartnerin Ekaterina Leonova ein wenig überfragt gewesen zu sein schien. Vergleichbar waren diese Tänze überhaupt nicht, denn Ulli hat in dieser Sendung meist neben angesessen und Vadim Gabuzov, einem weiteren Profitänzer, die meiste Arbeit machen lassen. Als guter Spruch kommt das nichtsdestoweniger bestimmt gut.

Am 23.04.16 kommentiert Michael Hull Llambis Verhalten am Jurorenpult, da er sich mit Frau Mabuse auf eine Auseinandersetzung eingelassen hat, was auch davor und danach hin und wieder mal passierte. Übrigens unterschlägt Michael Hull völlig, dass die Diskussion von Frau Mabuse ausging. So nimmt er sie in Schutz, da sie als mehrfache deutsche Meisterin ja wisse, was sie sage. Nun, denken wir das mal weiter. Folgendes kann Herr Llambi auf seinem Konto verbuchen:
Zu seiner aktiven Zeit war er der einzige, der in allen drei Sektionen (Standard, Latein, 10 Tänze) im Finale einer Deutschen Meisterschaft stand. Nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn ist er als Wertungsrichter im Profi- und Amateurverband tätig. Neben vielen nationalen Turnieren, wertet er Welt- und Europameisterschaften.4
Klingt fast so, als wisse auch er, wovon er da redet. Natürlich würde dieses Eingeständnis die gesamte Kolumne ad absurdum führen. Es ist einfach bezeichnend, wie blind man sein kann. Einer Person zu verbieten, andere zu kritisieren, jedoch mit einer Begründung, die verhindern sollte, das man die eben noch kritisierte Person selbst kritisieren darf.

Der letzte Punkt ist für mich einfach nur amüsant. Am 28.05.16 stellt Michael Hull die Frage, ob die Jury Jana Pallaske absichtlich Punkte wegnehme. Nebulös bezieht er sich auf seine eigene Zeit bei Let's Dance, trotzdem halte ich den Vorwurf für sehr gewagt. Ich frage mich aber, wie er überhaupt auf die Idee kommt, ich persönlich habe mich eher gefragt, warum sie so viele bekommt, aber das nur am Rande. In den zwei Wochen davor erhielt sie 57 und 58 von 60 möglichen Punkten und ihr Durchschnitt betrug auf die gesamte Staffel gesehen 27,33 von 30 Punkten pro Tanz. Viel mehr kann man eigentlich nicht geben! Vom Tatbestand kann der Vorwurf schon gar nicht greifen, aber die Begründung dafür ist noch besser. Angeblich solle damit der Zuschaue angespornt werden, für sie anzurufen. Das ist aber gehörig nach hinten losgegangen: Im Halbfinale musste sie bereits zittern und trotz der besseren Leistung landete sie im Finale noch hinter Sarah Lombardi auf Platz drei.

Neben der Sendung selbst war es also eine schöne Reise, diese Kolumne Woche für Woche zu lesen. Frustrierend war für mich immer nur die Kürze der Kommentare und teilweise auch die Auswahl der diskutierten Tänzer. Wenn ein Tänzer tatsächlich 30 Punkte erhalten hat, sollte man da nicht über sie reden? Aber gerade in den letzten Kolumnen fällt Victoria Swarovski irgendwie nicht auf. Dabei hat sie einige der besten Tänze der Staffel getanzt, beispielsweise ihren Tango, den Quickstep und vor allem ihr Paso Doble.


1Am Rande soll erwähnt sein, dass ich die letzte Staffel verpasst habe, da mir nicht bewusst war, dass die Polen pro Jahr zwei produzieren.
2Ich sollte auf eines hinweisen: Man kann leider nur fünf Artikel pro Monat betrachten.
3Dabei handelt es sich um Llambis Lieblingsmannschaft.
4http://www.workshopfestival.de/bremen/trainer/standardLatein.html

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