Samstag, 22. August 2015

Kriton

Während ich bei der "Apologie" wirklich eine Menge schreiben konnte, obwohl das Werk im Vergleich zu anderen mit 40 Seiten noch relativ kurz ist, wird mir das bei Crito schwerer fallen. Einerseits ist der "Dialog", ich würde viel eher von einem Monolog reden, in dem Sokrates seine Meinung ohne große Widerworte darlegt, relativ kurz, andererseits beinhaltet er nicht die Masse an Ideen, wie es bei der "Apologie" der Fall ist, welche einen perfekten Start für die Großen Ideen und damit für die Großen Bücher darstellt.

In Crito erscheint der titelgebende Crito in Sokrates' Zelle und versucht ihn zu überreden, aus Athen zu fliehen. Dies lehnt der Grieche ab und legt es deutlich dar. Er fängt damit an, die Meinung der vielen als grundsätzlich ablehnbar darzustellen. Wenn wir gute Sachen wissen wollen, gehen wir zu den Leuten, die etwas von diesen guten Sachen verstehen. Daraus folgert er eine persönliche Maxime, wonach nicht das Leben, sonder das gute Leben geschätzt werden muss. Obwohl ich als Katholik dieser Maxim in gewisser Weise widersprechen muss, kann  ich ihr auch etwas abgewinnen. Wenn man es als persönlichen Anspruch sieht, wonach man nach mehr strebt, als das gewöhnliche Dahinsiechen, wie auch in der "Apologie" vom "betrachteten Leben" gesprochen wird, dann könnte ich mich durchaus damit anfreunden.

Dann wird es interessant. Sokrates stellt eine für ihn selbstverständliche These auf, gibt aber im selben Atemzug zu, dass sich nie eine Mehrheit finden lässt, die diese stützen würde. Aus Sokrates' Sicht darf niemals vorsätzlich etwas Böses zu tun. Alle Argumente, mit denen wir etwas Böses rechtfertigen, stoßen beim Griechen auf taube Ohren, denn sein grundlegendes Prinzip sagt: Die Gerechtigkeit kommt vor dem Leben.

Deswegen kann er auch nicht fliehen. Der Staat, welcher errichtet wurde, um die Gerechtigkeit zu erhalten - das wird in Zukunft auf alle Fälle noch eine faszinierende Idee darstellen -, hat ihm ein Versprechen abgenommen: Sokrates soll sich an seine Gesetze halten. Er wurde nach diesen Gesetzen verurteilt. Wenn er nun flieht, führt er dieses Gesetzeswesen ad absurdum. An dieser Stelle wird nochmals völlig klar gestellt, dass es sich bei Sokrates keinesfalls um einen Sophisten handelt. Seine Prinzipien sind standfest und führen ihn zu einem Schluss, dessen Konsequenz ihm zwar nicht gefallen mag, allerdings wird er sich ihm beugen.

Letzten Endes ergibt sich nun auch eine andere Ebene. Sokrates befindet sich im Grunde nicht in einer anderen Position als sonst ein Mensch. Sein Tod ist sicher. Tatsächlich gibt er bei seiner Gerichtsverhandlung zu bedenken, dass er in ein paar Jahren ohnehin sterben wird. Dies lässt ihn aber keineswegs verzweifeln. Mit Courage und Weisheit begegnet er diesem Phänomen und versucht ein universales Beispiel zu geben.

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