Donnerstag, 3. September 2015

Kurzkritik: Anansi Boys - Neil Gaiman

Einen Roman von Neil Gaiman zu lesen ist im Grunde immer eine faszinierende Angelegenheit. In meinem Falle bleibt allerdings stets ein Gefühl der Unzulänglichkeit zurück. In vielen Aspekten ist es völlig unmöglich dem Briten auch nur im Geringsten einen Vorwurf zu machen. Bei diesem Werk ist das die Eskalation zu Beginn. Nicht nur für die vernünftige Einleitung, die heutzutage zu gerne für einen rasanten Einstieg aufgegeben wird, war ich dankbar, auch die weitere Entwicklung bis zum handlungstragenden Element, der den Plot startende Akt, wenn man so will, entzückt geradezu. In dieser Hinsicht lassen sich schnell Parallelen zu „American Gods“ ziehen, der ebenso im Anfang völlig überzeugte.
Dann geht es aber darum diesen Konflikt wieder aufzulösen. In gewisser Hinsicht kann ich Gaiman nicht mal hier kritisieren. Anders als manch andere Autoren, zum Beispiel sei nur Stephen King genannt, macht er sich sichtlich Gedanken, wo er mit seiner Geschichte hin will. Jedoch möchte er so zielstrebig dort hin, dass man ein wenig die Atmosphäre vermisst. Mir schien es, als habe man den Mittelteil übersprungen und sei sofort bei der Lösung des Rätsel angelangt. Als hätte Poirot keine Menschenseele befragen müssen, da er direkt sein Resultat vorstellen kann.
Weiterhin geht aus meiner Sicht ein weiterer Aspekt unter. Anansi soll der Gott der Schwindler sein, der „trickster god“. Man wünscht sich, viel mehr davon zu sehen. Der Leser bekommt zwar verschiedene Lichtblicke darauf, darf es aber nicht in voller Pracht genießen. Gerade für die Lösung des Dilemmas hätte man sich mehr davon gewünscht.

Dabei liest sich das jetzt wohl viel negativer, als gemeint ist, nur gemeint sein kann. Schließlich ist meine Beschwerde darauf ausgelegt, mehr zu verlangen. Prinzipiell ist das kein allzu schlechtes Zeichen und lässt zumindest Gaiman als Schreiber an sich im guten Lichte dastehen. Insgesamt wird man auch seinen kurzweiligen Spaß mit dem Roman haben. Bei Gaiman bin ich mir aber jedes Mal aufs Neue bewusst, dass ich eben nicht jemanden lese, der nur gut ist, sondern jemanden mit dem Potenzial zu einem absolut genialen Werk. Dieses Potenzial so häufig ungenutzt zu sehen, schmerzt mich einfach.

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